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9/12/2023

6 Stunden von Fuji: Potenzial entfesselt

Das vorletzte Rennen der World Endurance Championship (WEC) hieß Porsche Fans in der Nähe des Mount Fuji in Japan willkommen. Das Wetter war mit 27° Celsius und hoher Luftfeuchtigkeit eher warm. Trotzdem war die Strecke trocken und der Himmel zwar bewölkt, aber schlechtes Wetter war zum Start der 6 Stunden von Fuji noch nicht in Sicht. Für alle Teams war dieses Rennen wichtig, um vor dem Ende der Rennsaison noch wichtige Punkte zu sammeln.

In der Hypercar-Klasse startete das Porsche Penske Motorsport Team aus der zweiten Startreihe – ideale Voraussetzungen, um sich im Startgetümmel an die Spitze zu setzen. Der Porsche 963 #6 mit Laurens Vanthoor am Steuer startete von Platz drei, die Nummer fünf mit Michael Christensen von Platz vier. Von Platz acht startete der Porsche 963 des Hertz Team JOTA mit Antonio Felix da Costa und knapp dahinter auf Platz neun Proton Competition im Schwesterfahrzeug #99 mit Harry Tinknell am Steuer.

 

In der LMGTE Am-Klasse hatten die Iron Dames im Porsche 911 RSR #85 die besten Startbedingungen: Sarah Bovy startete von Platz zwei in der Klasse. PJ Hyett ging für Project 1 – AO in der #56 als Siebter ins Rennen, dicht gefolgt von Christian Ried in der Nummer 77 von Dempsey-Proton Racing als Achter und Michael Wainwright in der #86 von GR Racing als Neunter. Die Iron Lynx starteten mit Claudio Schiavoni im Porsche 911 RSR von Platz 13.

 

Um vier Uhr morgens MESZ wurde die grüne Flagge geschwenkt und tatsächlich: der Porsche 963 #6 übernahm die Führung! Direkt nach dem Start setze sich Laurens Vanthoor von hinten an den zweitplatzierten Toyota vor ihm heran und zog kurz vor der ersten Kurve nach rechts. Damit hatte er die strategisch beste Position, um in der ersten Kurve von der Innenseite anzugreifen. Sein Manöver zwang die Konkurrenz von der Ideallinie und sorgte für einige Ausweichaktionen der nachfolgenden Fahrzeuge auf der Auslauffläche. 

Der Porsche 963 #6 während der Start-Aktion auf der Innenseite der Kurve neben dem Toyota Hypercar.
Die wagemutige Start-Aktion von Laurens Vanthoor im Porsche 963 #6.

Auch betroffen von der Aktion: Das Schwesterauto #5 mit Michael Christensen am Steuer erlitt einen Reifenschaden und musste vorzeitig die Box ansteuern. Auch das Hertz Team JOTA mit Antonio Felix da Costa im Porsche 963 #38 und der Proton Competition #99 von Harry Tinknell kamen von der Strecke ab. Während sich die Verfolger neu sortieren mussten, legte Laurens Vanthoor sofort los, um sich einen Vorteil für die späteren Rennstunden zu verschaffen.

 

Hertz Team JOTA und Proton Competition lieferten sich in der ersten Stunde einen spannenden Platzkampf. Proton Competition ist mit ihrem Porsche 963 erst seit kurzer Zeit aktiv, daher hatte das Hertz Team JOTA hier einen Erfahrungsvorteil. Allerdings war das Bremsverhalten des Porsche #38 auffällig verzögert, was auf technische Schwierigkeiten hindeuten könnte. Ein Vorteil für Proton Competition: Das Team belegte zu diesem Zeitpunkt den sechsten Platz der Hypercar-Klasse.

 

Zur gleichen Zeit zog Laurens Vanthoor im Porsche #6 sehr früh in die Box und fiel damit ans Ende der Hypercar-Klasse. Die folgenden Stopps der restlichen Klasse  sollten zeigen, ob sich diese Entscheidung letztlich auszahlen würde. Für die erste Boxenphase war es zumindest die richtige Entscheidung: Als die restlichen Fahrzeuge der Klasse ihre Boxenstopps absolviert hatten, kam Laurens Vanthoor mit der Nummer sechs zurück an die Spitze. Durch einen sehr schnellen Stopp kehrte da Costa im Schwesterauto mit der Nummer 38 auf Platz drei zurück, während Proton Competition auf Platz acht verblieb und die Nummer fünf von Porsche Penske Motorsport aufgrund einer Stoppstrafe in der Box auf Platz 11 zurückfiel.

 

Über einige Kurven hinweg konnte da Costa im Porsche 963 #38 seinen Verfolger im viertplatzierten Toyota am Überholen hindern. Zwar konnte er seinen dritten Platz nicht halten, doch der Kampf warf den Toyota zeitlich zurück. Auch Proton Competition lieferte sich einen intensiven Kampf mit Ferrari um Platz sieben. Mehrfach wechselten die beiden Fahrzeuge die Positionen. Doch Harry Tinknell ließ sich vom erfahreneren Werksteam nicht beeindrucken und zog immer wieder gleichauf mit dem Ferrari, um nach einer Runde seinen siebten Platz erfolgreich zu verteidigen.

Der #99 Porsche 963 von Proton Competition fährt vor einem LMP2-Fahrzeug und dem Ferrari Hypercar in eine Kurve.
Harry Tinknell im #99 Proton Competition setzt in einer Kurve ein LMP2-Fahrzeug zwischen sich und dem folgenden Ferrari Hypercar.

Voller Fokus

Der nächste Kampf stand dem Hertz Team JOTA Hypercar bevor, diesmal gegen den zweiten Ferrari. Auch hier konnte da Costa im Porsche 963 einige Kurven lang dagegenhalten. Seine Leistung bewies, dass das Hypercar aus dem Hause Porsche vor allem in den Kurven mithalten konnte. Doch auf der langen Start-Ziel-Geraden zog der Ferrari schließlich vorbei. Danach setzte sich Antonio Felix da Costas Pechsträhne fort: Weil er versehentlich einen LMP2-Teamkollegen beim Überrunden in einer Kurve gedreht hatte, musste er eine Durchfahrtsstrafe absolvieren und fiel auf Platz 10 zurück. 

 

Nach eineinhalb Stunden kam Bewegung in die LMGTE AM-Klasse: Die Iron Dames gerieten unter Druck durch den verfolgenden Ferrari und verloren kurz nach der Start-Ziel-Geraden einen Platz. Auch die viertplatzierte Corvette übte Druck auf Sarah Bovy aus und überholte sie an gleicher Stelle. Kurz darauf überholte der Project 1 – AO 911 RSR mit der Startnummer 56, Schwesterauto von Dempsey-Proton Racing in diesem Streckenabschnitt. Somit befanden sich die Iron Dames auf Platz vier, Project 1 – AO auf Platz sieben und Dempsey-Proton Racing auf Platz acht.

Es war ein sauberes Rennen mit einer Ausnahme: Leider mussten wir eine Durchfahrtsstrafe antreten. Wäre das nicht passiert, dann hätten wir an Platz vier schnuppern können.

Will StevensFahrer Porsche 963 #38

Zwei Stunden nach Rennbeginn begannen die ersten Teams mit dem Fahrerwechsel: Bei den Iron Dames löste Michelle Gatting ihre Kollegin Sarah Bovy ab, bei GR Racing übernahm Riccardo Pera das Cockpit. Bei Project 1 – AO übernahm Gunnar Jeannette und bei Dempsey-Proton Racing Mikkel Pedersen. Matteo Cressoni übernahm bei Iron Lynx das Steuer. 

 

Die Hypercars folgten: Laurens Vanthoor kam als Erster an die Box und tauschte seinen Platz mit Kévin Estre, der zudem auch neue Reifen erhielt. Das Hertz Team JOTA folgte kurz darauf und William Stevens löste Antonio Felix da Costa ab. Bei Proton Competition setzte sich Gianmaria Bruni ans Steuer des #99, konnte das Rennen jedoch nicht aufnehmen, da sich sein Sicherheitsgurt nicht mehr befestigen ließ: Der Porsche 963 wurde von der Boxencrew in die Garage gerollt. Glücklicherweise kam er mit einer Runde Rückstand wieder auf die Strecke. Kurz darauf übernahm Dane Cameron den Porsche mit der Startnummer fünf von Porsche Penske Motorsport und beendete damit die Boxenstopps in der Hypercar-Klasse.

Leider gab es beim Fahrerwechsel ein kleines Malheur: Die Schnalle des Sicherheitsgurtes ist kaputtgegangen – sehr schade. Das mussten wir natürlich reparieren. Unser Rennen war aufgrund dessen allerdings gelaufen.

Neel JaniFahrer Porsche 963 #99

Durch Strafen und unplanmäßige Boxenstopps der Konkurrenz konnte sich Michelle Gatting im Porsche 911 RSR #85 zurück an die Spitze der LMGTE Am-Klasse setzen. Auch Dempsey-Proton Competition konnten seine Position verbessern: Mikkel Pedersen eroberte für den #77 auf der langen Geraden den dritten Platz. In der Hypercar-Klasse zeichnete sich unterdessen eine mögliche Gefahr die Führung des Porsche 963 #6 ab: Kévin Estre funkte Schwierigkeiten beim Schalten an die Box. Der immer kleiner werdende Abstand zum nachfolgenden Toyota auf Platz zwei bestätigte den Nachteil.

 

Nach dem unfreiwillig langen Boxenstopp von Proton Competition musste Gianmaria Bruni im Porsche 963 #99 erneut die Box ansteuern. Sein Fahrzeug wurde zurück in die Garage gerollt. Doch das Rennen ging gnadenlos weiter: In der LMGTE Am-Klasse verlor GR Racing einen Platz und fiel auf Platz 10 zurück. 

 

Kurz vor Halbzeit des Rennens betrug der Abstand zwischen dem Porsche 963 #6 von Kévin Estre und dem folgenden Toyota zwei Sekunden. Dies war auch der Zeitpunkt, an dem Estre die Box ansteuerte. Einen kurzen Service und linksseitigen Reifenwechsel später kehrte er wieder auf die Strecke zurück.  

Stimmige Strategie

Nach den Boxenstopps ging der Kampf zwischen dem Porsche 963 #6 und dem Toyota weiter. Kévin Estre konnte zumindest die langsameren Fahrzeuge als strategische Bremse für seinen Gegner nutzen. Lediglich auf der Geraden verlor der Hypercar von Porsche etwas an Vorsprung, den Estre dann in den Kurven wieder ausbaute, um den Toyota auf Distanz zu halten. Zudem verriet der Funkverkehr von Toyota, dass der Franzose auch auf der Geraden zu schnell für den Toyota #7 ist.

 

Der Kampf an der Spitze der Hypercar-Klasse ging minutenlang weiter. Der drittplatzierte Toyota holte auf und zeigte eine bessere Leistung als das Schwesterauto. Kévin Estre ließ sich davon nicht beeindrucken und hielt seinen Kurs erfolgreich. Ob er nun gegen die #7 oder die #8 um den ersten Platz fahren würde, war für ihn zunächst unwichtig.

 

Während an der Spitze der Hypercar-Klasse hart gekämpft wurde, arbeiteten sich die Porsche 911 RSR der Kundenteams unter die Top Fünf ihrer Klasse. Vor Beginn der Boxenphase am Ende der vierten Rennstunde hatten bei den Iron Dames Michelle Gatting mit Rahel Frey den Platz im Cockpit getauscht und das Team lag weiterhin in Führung. Ebenfalls gut unterwegs war "Rexy" von Project 1 – AO auf Platz vier und Dempsey-Proton Racing direkt dahinter.

 

In den Top Drei der Hypercar-Klasse hatte sich zumindest für das Porsche Penske Motorsport Team nicht viel getan: Kévin Estre lag am Ende seines Stints weiterhin auf Platz eins, während sich die beiden Toyota hinter ihm sich kurzzeitig gegenseitig in die Quere kamen, um die #8 als Verfolger gegen den Franzosen einzusetzen. Die Strategie ging zu Ungunsten von Porsche auf. Noch vor dem Boxenstopp verlor Estre seine Position an das japanische Team. 

Der #6 Porsche 963 inmitten von Rennfahrzeugen anderer Klassen beim Überrunden.
Der Porsche 963 #6 von Porsche Penske Motorsport.

Der Porsche 963 #6 kam in die Box und Kévin Estre konnte eine wohlverdiente Pause einlegen. Er tauschte das Cockpit mit André Lotterer. Der Deutsche erhielt für die letzten zwei Stunden neue Reifen, was den direkten Wiedereinstieg in den harten Zweikampf erschwerte. Daher verzichtete Lotterer darauf, den Toyota nach der Boxenausfahrt direkt wieder unter Druck zu setzen – obwohl er direkt hinter ihm auf die Strecke zurückkehrte.

 

Doch auch der Toyota #7 fuhr in die Box und kam noch vor Lotterer wieder auf die Strecke. Damit war der Porsche 963 #6 auf Platz drei, während die #5 erneut für Reparaturen in die Garage kam. Bewegung gab es auch in den Top Drei der LMGTE Am-Klasse. Dempsey-Proton Racing hatte sich auf den dritten Platz vorgekämpft, während die Iron Dames weiterhin an der Spitze lagen. Dazwischen lag eine Corvette, die Rahel Frey auf der Geraden den Platz kostete. Julien Andlauer im Dempsey-Proton Racing #77  war so dicht dran, dass er beinahe auch das Schwesterauto mit der Nummer 85 überholt hätte. Zwischen den beiden Teams entbrannte ein heftiger Kampf um den zweiten Platz, den Andlauer schließlich in einem vollen Feld für sich entschied.

 

In der LMGTE Am-Klasse blieb es weiterhin spannend. Zwar fielen die Iron Dames mit ihrem Porsche 911 RSR auf Platz vier zurück, doch Dempsey-Proton Racing auf Platz fünf und Project 1 – AO auf Platz sechs blieben trotzdem dran und gaben alles. In der letzten Rennstunde kamen die Fahrzeuge der Klasse und auch die ersten der Hypercar-Klasse an die Box. Die Neusortierung des Grids fiel jedoch für die Porsche RSR Fahrzeuge eher nachteilig aus: Die Iron Dames, Dempsey-Proton Racing und Project 1 – AO kehrten auf den Plätzen fünf bis sieben zurück. Aber beinahe wäre GR Racing als Sieger der Phase hervorgegangen: Benjamin Barker erreichte den zweiten Platz, wurde aber sofort vom drittplatzierten Ferrari unter Druck gesetzt.

 

In der letzten Stunde eröffnete sich für André Lotterer auf Platz drei der Hypercar-Klasse die Chance, den zweitplatzierten Toyota einzuholen: Die #8 von Toyota hatte technische Probleme und verlor den Anschluss an das führende Schwesterfahrzeug – aber dafür musste er mehrere Fahrzeuge überholen und zudem einen Rückstand von über zehn Sekunden aufholen. Auch die Iron Dames mit Michelle Gatting am Steuer kämpften in den letzten 30 Minuten um den dritten Platz. Der GR Racing Porsche fiel auf Rang acht zurück, während die Porsche RSR von Project 1 – AO und Dempsey-Proton Racing auf die Plätze fünf und sechs vorrückten.

 

In den letzten zwanzig Minuten gab es eine kurze Gelbphase. Diese war jedoch so kurz, dass sie den Porsche Teams keinen strategischer Vorteil bot. Sie war eher ein Nachteil, denn die Aufholjagd zur Verringerung der Rückstände wurde dadurch ausgebremst. Trotzdem: Der Porsche Penske Motorsport 963 #6 fuhr auf Platz drei über die Ziellinie.

 

Obwohl das Porsche Penske Motorsport Team in den ersten Stunden des 6-Stunden-Rennens von Fuji seine dominante Führung verlor, hat es bewiesen, dass nur noch wenige Stellschrauben fehlten, um den obersten Platz auf dem Podium zu erobern.

 

Die finalen Ergebnisse der 6 Stunden von Fuji:

3. Porsche Penske Motorsport #6 (Estre / Lotterer / Vanthoor)

6. Hertz Team JOTA #38 (da Costa / Stevens / Ye)

9. Proton Competition #99 (Jani / Bruni / Tinknell)

26. (4. Platz LMGTE Am) Iron Dames #85 (Bovy / Gatting / Frey)

27. (5. Platz LMGTE Am) Project 1 – AO #56 (Hyett / Jeannette / Cairoli)

28. (6. Platz LMGTE Am) Dempsey-Proton Competition #77 (Ried / Pedersen / Andlauer)

30. (8. Platz LMGTE Am) GR Racing #86 (Wainwright / Pera / Barker)

33. (11. Platz LMGTE Am) Iron Lynx #60 (Schiavoni / Cressoni / Picariello)

36. (12. Platz Hypercar) Porsche Penske Motorsport #5 (Cameron / Christensen / Makowiecki)

Der Porsche Penske Motorsport 963 #5, GR Racing Porsche 911 RSR #86 und Iron Lynx #60 fahren um eine Kurve.
Der Porsche 963 #38 von Hertz Team JOTA fährt über die Ziellinie.
Die beiden Porsche 911 RSR von Dempsey-Proton Competition #77 und Project 1 – AO #56.
Der Porsche 911 RSR der Iron Dames beim Reifenwechsel in der Box.
Der Porsche 911 RSR der Iron Dames im Zweikampf mit einem anderem Fahrzeug.
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