Spannung bis zur letzten Minute.
Das fünfte Rennen der IMSA WeatherTech SportsCar Championship fand bei bestem Wetter im Norden des US-Staates New York statt: In Watkins Glen traten über 50 Fahrzeuge erneut gegeneinander an. Nach dem Rückschlag bei den 24 Stunden von Le Mans waren die Porsche Teams umso mehr gewillt, eine gute Leistung abzulegen.
Aus dem Qualifying für das Langstreckenrennen in Watkins Glen International war zunächst keine Tendenz erkennbar. Während die GT-Kategorien problemlos ihre Runden absolvieren konnten, sorgten mehrfache Ausrutscher in den LMP-Klassen für einen Abbruch des Qualifyings.
Für die Nummer sechs von Porsche Penske Motorsport eine glückliche Fügung: Die Startpositionen wurden darauf anhand der Punkte der Teammeisterschaft ermittelt – somit befanden sich Nick Tandy und Mathieu Jaminet im Porsche 963 #6 am Sonntag auf der Pole-Position. Die #7 startete von Platz sechs und der 963 von JDC-Miller MotorSports mit der Nummer fünf startete von Platz neun. In den GT-Klassen waren die am besten platzierten Porsche 911 GT3 R auf Startplatz sechs der GTD Pro-Klasse (Pfaff Motorsports #9) und Startplatz elf in der GTD-Klasse (Kelly-Moss with Riley #91).
Um 10.41 Uhr lokale Ortszeit wurde die grüne Fahne geschwenkt und die GTP-Fahrzeuge gaben Vollgas. In der ersten Kurve konnte Nick Tandy seine Position halten, während Matt Campbell und Mike Rockenfeller sich durch die Menge kämpfen wollten.
Vor Matt Campbell brach der BMW #24 aus und drehte sich in der ersten Kurve von der Strecke, doch die #7 von Porsche Penske Motorsport kam ohne Schwierigkeiten vorbei. Der BMW lag im Weg der gerade startenden GTD Pro-Fahrzeuge, doch diese konnten problemlos passieren. Trotzdem, ein Full-Course-Yellow wurde direkt innerhalb der ersten zwei Minuten ausgerufen, da der BMW #24 sich nicht mehr von der Strecke bewegen konnte.
Über zehn Minuten nach dem Start wurde die Strecke freigegeben. In der #6 ist das Ziel für Nick Tandy der Ausbau des eigenen Vorteils vor dem Whelen #31 hinter ihm, während Matt Campbell in der #7 und Mike Rockenfeller in der #5 sich in das vordere Feld arbeiten wollten. In der GTD Pro-Klasse war Pfaff Motorsport auf dem sechsten Platz in einem sehr dichten Feld.
Knapp 30 Minuten nach Rennbeginn rutschte der grüne AO Racing Porsche 911 GT3 R #80 mit dem rechten Heck in die Streckenbegrenzung. Zwar kam er problemlos weiter, aber es flatterte ein Stück seiner Heckabdeckung im Fahrtwind. Der Pfaff Motorsports Porsche 911 GT3 R #9 fuhr früh in die Box und wechselte alle Reifen. Der Fahrer Patrick Pilet war zu diesem Zeitpunkt auf Platz acht der GTD Pro-Klasse und belegte die zu diesem Zeitpunkt beste Position der Porsche GT-Fahrzeuge.
Strategie und Glück.
Als ein LMP-Fahrzeug in der letzten Kurve in die Reifenstapel fuhr, um einen anderen Unfall zu vermeiden, zog Matt Campbell kurz vor dem Full-Course-Yellow in die Boxengasse und war damit eines der ersten LMDh-Fahrzeuge in der Box. Allen anderen kam die gelbe Flagge dazwischen, die eine Fahrt in die Box ohne Genehmigung der Rennleitung oder einer Notsituation nicht ermöglichte. Die erste Klasse, die nach einigen Minuten in die Boxengasse wechseln konnte, war die GTP-Klasse. Durch seinen frühen Stopp rückte Matt Campbell in der #7 an die Spitze der Klasse, dicht gefolgt vom Teamkollegen Nick Tandy in der Nummer 6. Mike Rockenfeller blieb mit dem Porsche 963 #5 von JDC-Miller MotorSports auf Platz sieben.
Kurz vor Ende der ersten Stunde wurde die Strecke wieder freigegeben. Matt Campbell zog sofort vor den anderen Fahrzeugen davon, während Nick Tandy in der #6 seine Position gegen den folgenden #60 Acura verteidigen musste. In der GTD Pro-Klasse hatten die Boxenstopps Pfaff Motorsports geholfen, sodass Patrick Pilet in der #9 in seiner Klasse den zweiten Platz belegen konnte.
In der zweiten Runde nach der Streckenfreigabe hatte es Nick Tandy geschafft, etwas Abstand zwischen sich und dem Acura aufzubauen. Patrick Pilet befand sich in einem ähnlichen Dilemma mit dem Lamborghini #63 hinter ihm, aber der Ausgang seiner Situation war weniger glücklich: Nach ein paar weiteren Runden verlor der Porsche 911 GT3 R #9 seinen Kampf um den zweiten Platz und fiel auf Platz drei ab.
Ein weiterer Zwischenfall um die Plätze vier und fünf legte die Strecke erneut mit einem Full-Course-Yellow lahm. Das Porsche Penske Motorsport Team hielt zu diesem Zeitpunkt den ersten und zweiten Platz mit jeweils der #7 und #6. Die Nummer fünf von JDC-Miller MotorSports hatte es aufgrund des Unfalls der vorausfahrenden Fahrzeuge auf Platz fünf geschafft.
Eine Stunde und 15 Minuten nach Rennstart wurde die Strecke erneut freigegeben und ein Kampf um die Plätze zwei bis vier drohte auszubrechen: Nick Tandy im Porsche 963 #6 gegen den Cadillac #31, der vom Acura #10 ebenso verfolgt wurde. Matt Campbell in der Nummer sieben von Porsche Penske Motorsport versuchte währenddessen, seine Führung neu aufzubauen. Nach wenigen Runden entkam Nick Tandy dem Kampf und näherte sich seinem Teamkollegen in der Führung.
Kurz vor Start der dritten Rennstunde zog Nick Tandy in die Box, um zu tanken und mit Mathieu Jaminet den Platz zu tauschen. Dieser kehrte auf Platz fünf zurück auf die Strecke. Eine Runde danach wechselte auch der Porsche 963 #7 in die Boxengasse für einen Reifenwechsel, eine Tankauffüllung und den Fahrerwechsel von Campbell zu Felipe Nasr. Durch folgende Boxenstopps der Konkurrenz schaffte es Felipe Nasr im Porsche 963 #7 zurück auf den zweiten und Mathieu Jaminet in der #6 auf den dritten Platz der GTP-Klasse. Auch der Porsche 963 #5 von JDC-Miller MotorSports ging in die Box und Tijmen van der Helm sprang in den Fahrersitz, um auf Platz sieben zurückzukehren.
Das Zittern beginnt.
Zwanzig Minuten nach Anbruch der dritten Stunde kam der Drittplatzierte in der #10 gefährlich nah an Felipe Nasr im Porsche 963 #7. Es war klar, was die Absicht des Acura war. Doch bevor dieser in den Angriff übergehen konnte, war Felipe Nasr gezwungen in die Box zu wechseln und fuhr durch in Richtung der Paddocks. Grund: das Hybridsystem machte Probleme. Selbst bis zu den Paddocks kam die #7 nicht mehr. Das Fahrzeug blieb mitten auf dem Weg stehen und entlud nicht – solange ein GTP-Fahrzeug nicht entlädt, ist das Berühren des Fahrzeugs hochgefährlich. Es sollte weitere zwanzig Minuten dauern, bis die #7 im Paddock aufgebockt werden konnte.
Mit der Nummer sieben aus dem Rennen, ruhten alle Hoffnungen des Porsche Penske Motorsport Teams auf der #6. Fünfzehn Minuten vor Halbzeit wechselte Mathieu Jaminet im verbleibenden Porsche 963 in die Boxengasse, nachdem er das hinterste Fahrzeug der GTP-Klasse beinahe überrunden konnte. Er kehrte vor dem Schwesterfahrzeug #5 von JDC-Miller MotorSports auf Platz fünf auf die Strecke zurück, nur um durch die Boxenstopps der Konkurrenz zurück auf Platz zwei erneut aufzurücken. Von dieser Position aus könnte er im verbleibenden Rennverlauf noch gute Chancen auf den ersten Platz bekommen.
Doch ein weiterer Full-Course-Yellow aufgrund eines Unfalls mehrerer Fahrzeuge sollte die Spannung des Rennens fast ins Unerträgliche steigern. Durch einen angeordneten Boxenstopp pro Klasse während der Gelbphase würde Nick Tandy in den Porsche 963 #6 auf Platz vier des Rennens zurückkehren – bei nur zwei verbleibenden Rennstunden und einem maßgeblichen Vorsprung für das Fahrzeug an der Spitze.
Nach Anbruch der letzten zwei Stunden ging Nick Tandy in einen frühen Boxenstopp im Vergleich zum Rest der Klasse. So blieb er weiterhin auf dem vierten Platz und konnte durch die späteren Boxenstopps der anderen Fahrzeuge wieder Positionen gut machen: Durch den Boxenstopp des führenden Fahrzeug kam Nick Tandy auf Platz drei. Auch das Fahrzeug mit der Nummer 31 verlor seinen Vorsprung und der Porsche 963 #6 kam unheimlich nah ran. Das nutzte Nick Tandy sofort aus: Er holte sich den zweiten Platz. Auch in der GTD-Klasse schafft es ein Porsche auf den zweiten Platz: von den hinteren Rängen kam der Porsche 911 GT3 R #16 von Wright Motorsports in eine gute Position.
Voller Fokus.
Die frühen Boxenstopps der führenden Fahrzeuge spülten Nick Tandy zurück an die Spitze, doch er selbst musste noch mindestens einmal in die Boxengasse fahren. Doch bevor das geschehen sollte, gab der Brite nochmal alles. Er fuhr so viel Abstand zu seinen Verfolgern ein, wie ihm nur möglich bei dem vollen Fahrerfeld. Das bescherte ihm einen beeindruckenden Abstand von etwa 55 Sekunden, als er schließlich in die Boxengasse abbog und das Cockpit für Mathieu Jaminet frei machte.
Mathieu Jaminet erhielt zudem einen neuen Satz Reifen für die verbleibenden 40 Minuten. Vor Jaminet fuhr ein LMP-Fahrzeug aus der Box und blockierte den Weg – das hinderte Jaminet nicht daran, weit vor seinen Verfolgern auf den ersten Platz zurückzukehren. Aber die kalten Reifen und der frühe Boxenstopp des BMW wurde ihm zum Verhängnis: Der BMW #25 überholte ihn und Mathieu Jaminet fiel zurück auf den zweiten Platz. Aber er gab sich mit dieser Position nicht zufrieden und machte mit jeder Runde etwa eine Sekunde gut. Alles hing an seinen Fahrkünsten und dem verbleibenden Verkehr auf der Strecke.
In der GTD Pro-Klasse brach ein Kampf um den ersten Platz aus – der Porsche 911 GT3 R von Wright Motorsports kämpfte sich weit dahinter vorwärts. Doch der Rangkampf wurde zu einem natürlichen Hindernis für den führenden BMW #25 und er benötigte mehr Zeit, um zu passieren. Mathieu Jaminet hatte weniger Schwierigkeiten, da sich der Kampf bereits lockerte, als er sich von hinten näherte. Bei 18 Minuten verbleibender Rennzeit fehlten dem Franzosen etwas mehr als fünf Sekunden, um das führende Fahrzeug einzuholen.
Bei weniger als 15 Minuten holte Jaminet den BMW ein und hatte ihn in Sichtweite. Es wurde zu einer atemberaubenden Verfolgungsjagd in den letzten Minuten des Rennens. Der BMW #25 versuchte regelmäßig, die anderen Fahrzeugklassen seinem Verfolger in den Weg zu stellen, aber Mathieu Jaminet glitt regelrecht an ihnen vorbei. Bei weniger als acht Minuten verbleibender Rennzeit hatte Mathieu Jaminet unter eine Sekunde Abstand zum BMW #25. Als der BMW und der Porsche wieder auf Höhe der führenden GTD Pro-Klasse Fahrzeuge kamen, erhielt Jaminet die erste Chance, den ersten Platz zu holen. Es sollte noch eine weitere Runde dauern, bis beide Fahrzeuge sich im Toe befanden und Mathieu Jaminet näherte sich zunächst erst an das Heck des BMW an. Als beide Fahrzeuge den Scheitelpunkt der Kurve passiert hatten, zog der Franzose auf die Innenseite: erster Platz für den Porsche 963 #6!
Der BMW #25 versuchte wieder aufzuholen, doch überschoss im Eifer eine Kurve. Somit konnte Jaminet Abstand aufbauen. Drei Minuten vor Schluss sollte es in Watkins Glen ein letztes Mal zum Full-Course-Yellow kommen. In der 11. Kurve überschlug ein GT-Fahrzeug – das Rennen endete mit einem Safety Car. Der Porsche 963 #6 überquerte auf dem ersten Platz die Ziellinie. Die #5 von JDC Miller MotorSports war mit Mike Rockenfeller auf Platz fünf. In der GTD-Klasse war der Wright Motorsports Porsche 911 GT3 R #16 auf Platz drei und das nächste Fahrzeug von Kelly-Moss with Riley #92 auf Platz zehn, gefolgt von der #77. In der Pro-Klasse fuhr Patrick Pilet mit der #9 auf Platz fünf.
Der Kampf geht weiter.
Zeit zum Feiern hatte das Porsche Penske Motorsport Team zwar, doch die Auswertung nach dem Rennen sollte ergeben, dass der vordere "Skid Pad" – ein Gleitschutz aus Holz am Unterboden – des Porsche 963 #6 eine zu geringe Dicke aufwies. Diese Abweichung geschah aufgrund eines Schadens im Verlauf des Rennens und bot dem Fahrzeug keine Performance-Vorteile. Das Fahrzeug wurde abgestraft und das Team hat die Entscheidung der IMSA akzeptiert. Somit wurde der Porsche 963 #6 auf den letzten Platz der GTP-Klasse relegiert. Trotzdem ist eines ganz sicher: Nick Tandy und Mathieu Jaminet hatten eine unglaubliche Leistung in Watkins Glen gezeigt. Diese Leistung wollen sie erneut in Kanada abrufen und einen Podiumsplatz erringen.