9/1/2021
Selbst die Wolken über Spa spenden Freudentränen für Pereira.
Diese besondere Mischung aus ehrgeizigen Nachwuchspiloten, routinierten VIP-Gast Fahrern und ambitionierten ProAms ist seit 1993 eines der Erfolgsgeheimnisse des Supercup. Außerdem können wir stolz darauf sein, dass im Supercup die besten Teams aus den nationalen Porsche Carrera Cups am Start sind.
Kollision zwischen Pereira und Ten Voorde!
Wer würde beim ersten Nass-Start mit der 992er-Generation des Porsche 911 GT3 Cup die Traktion am besten aufbauen? Es gelang Ten Voorde einigermaßen, doch Pereira machte es etwas besser. Er zog bis in die erste Kurve auf gleiche Höhe mit dem Niederländer und konnte durch La Source außen herum gegenhalten. Zwar versuchte Ten Voorde, ihn außen auf dem Randstein "verhungern" zu lassen. Allerdings sind die Randsteine auf dem Circuit de Spa-Francorchamps mit einer Spezialfarbe versehen, die auch im Regen ausgezeichneten Grip bietet. Und so ließ sich Pereira nicht abschütteln. Die beiden Titelkonkurrenten des Vorjahres rasten Seite an Seite auf die berüchtigte Eau Rouge zu. Erste Regel in Spa: Wenn in Eau Rouge keiner nachgibt, kracht es.
Und es gab keiner nach. Pereira hat in dieser Saison nach diversen Rückschlägen nichts mehr zu verlieren und Ten Voorde will der Konkurrenz gar nicht erst die Hoffnung geben, Schwächen zu haben. Es kam, was kommen musste: Leichte Berührung im Bergaufstück und der Tabellenführer kreiselte von der Strecke! Großes Glück für Ten Voorde, nicht einzuschlagen und sich wieder in die richtige Richtung zu drehen.
Ich war auf der Linie mit weniger Grip, dadurch bin ich leicht ins Rutschen gekommen.
Evans kann Ten Voordes Dreher nicht nutzen.
Der Titelverteidiger wusste, dass er Pereira keinen Vorwurf machen konnte, und gratulierte ihm sogar nach dem Rennen. Sportsgeist wird im Porsche Mobil 1 Supercup großgeschrieben. Mit Platz 14 am Ende der ersten Runde blieb der Zeitverlust gering. Trotzdem war dies das erste Mal in der ganzen Saison, dass er außerhalb der Top 10 fuhr. Die große Chance für die Konkurrenz.
Doch die konnte das nicht nutzen. Evans tat sich mit den Sichtverhältnissen schwer und fiel von Startplatz drei in der Startrunde bis auf Position acht zurück. Das sollte für ihn noch böse Folgen haben. Gleichzeitig musste #11 Florian Latorre (FRA/CLRT) einen hohen Preis für eine Strafe nach dem Freien Training zahlen. Er hatte sich seine dritte Verwarnung abgeholt und wurde deshalb um fünf Plätze nach hinten versetzt. Startplatz acht statt drei, doch es kam noch schlimmer. Er wurde von #7 Marius Nakken (NOR/FACH AUTO TECH) umgedreht und beschädigte sich dabei die Frontlippe. Das und weitere Kollisionen im hinteren Feld riefen das Safety-Car auf den Plan. Zeit zum kurzen Durchschnaufen und für eine erste Bestandsaufnahme.
Lechner-Duo deklassiert Konkurrenz.
Streckenabschnitte wie Eau Rouge oder Blanchimont sind schon bei Sonnenschein eine große Herausforderung. Im Regen ist der Adrenalinkick noch einmal größer.
Restart schon nach einer Runde: Pereira und Güven stürmten weg und machten von nun an den Sieg unter sich aus. Zunächst schien sich Pereira lösen zu können, doch der Porsche Junior machte nach kurzer Zeit Druck und konnte wohl auch etwas schneller. Pereira leistete sich keinen Fehler, bis in der achten von elf Runden wegen einer Kollision am Ende des Feldes erneut das Safety-Car auf die Strecke musste.
Pereira erwischte nicht den besten Restart. Güven war schon daneben, doch nun fuhr der Sportsoldat aus Luxemburg die Ellbogen aus: Er drängte seinen Teamkollegen auf der Start/Zielgeraden aufs Gras, sodass dieser Schwung verlor. Güven blieb trotzdem weiter neben ihm und das Duo schoss Seite an Seite auf Eau Rouge zu – eine Kopie der Situation aus der ersten Runde. Der Türke gab gegen seinen Teamkollegen aber nach und Pereira fuhr in Richtung seines ersten Saisonsieges. Güven sicherte Platz zwei bei einer Lechner-Dominanz wie in alten Zeiten. Es scheint, als wäre der Knoten für das Team zum Start der zweiten Saisonhälfte endlich aufgegangen.
Auf nasser Strecke fahre ich aggressiver über die Randsteine, um eine direktere Ideallinie zu erreichen.
Heinrich dreht voll auf.
Von Platz zehn gestartet, Dritter im Ziel – so etwas ist wohl nur in einem Regenrennen möglich.
Die anderen Youngster zu übermütig.
Auf Position vier kam mit seinem Teamkollegen #28 Leon Köhler (DEU/Nebulus Racing by Huber) ein weiterer der "jungen Wilden" des Porsche Mobil 1 Supercup ins Ziel. Doch darüber freuen konnte er sich nicht. Er hatte nämlich schon zu Beginn des Rennens Jaxon Evans während dessen schwacher Startphase in der Bus Stop umgedreht.
Das warf den Meisterschaftsherausforderer auf Position 18 zurück und das Komplettdesaster für die Titelanwärter war perfekt. Evans konnte dank Strafen und weiterer Vorfälle noch bis auf Platz zwölf der Endabrechnung vorfahren. Köhler bekam eine Zeitstrafe von zehn Sekunden aufgebrummt. Weil das Rennen nach einem Abflug von #33 Alessandro Ghiretti (FRA/Martinet by Alméras) unter Safety Car zu Ende ging, bedeutete das für ihn den Verlust von vielen Positionen. Er wurde nur als 15. gewertet.
So erbte Zöchling den vierten Rang, gefolgt von van Splunteren. Auf die sechste Position kam #35 Marvin Klein (FRA/CLRT), der nach seiner unglaublichen Vorstellung am Hungaroring wieder ein Cockpit im Team von Côme Ledogar bekommen hatte. Dieser ist nach seinem Sieg beim 24-Stunden-Rennen an gleicher Stelle vor vier Wochen nun auch als frischgebackener Le-Mans-Sieger in der Klasse GTE Pro angereist. Auf den Sieg als Teambesitzer muss er aber weiter warten.
Platz sieben hätte Schuring geholt, doch sein jugendlicher Übermut brachte ihm seinerseits eine 10-Sekunden-Strafe ein, die ihn auf P18 zurückwarf. P7 ging stattdessen an Rookie #19 Dorian Boccolacci (FRA/Martinet by Alméras). Nach seinen bärenstarken Auftritten zu Beginn der Saison muss der Franzose nun aufpassen, dass ihn Heinrich in der Rookiewertung nicht abhängt.
Kaum zu glauben: Larry ten Voorde wurde durch die Vorfälle und Strafen noch bis auf Position acht nach vorn gespült und baute damit die Meisterschaftsführung noch aus! Die Top 10 komplettierten #4 Tio Ellinas (CYP/Lechner Racing Middle East) und #36 Loek Hartog (NLD/Parker Revs Motorsport), der nach seinem Fingerzeig in Ungarn wieder ein Cockpit im englischen Team bekam.
Dritter ProAm-Sieg für Misslin, Lindland bestraft.
Der Aufreger des ProAm-Rennens, der auch die zweite Safety-Car-Phase auslöste, war eine Kollision zwischen #21 Clément Mateu (FRA/Pierre Martinet by Alméras) und dem amtierenden ProAm-Champion #27 Roar Lindland (NOR/Nebulus Racing by Huber). Dieser drehte Mateu um, der dann wiederum beim Wenden in seinen Teamkollegen #22 Stéphane Denoual (FRA/Pierre Martinet by Alméras) krachte. Beide Alméras-Fahrzeuge waren auf der Stelle eliminiert.
Lindland sicherte sich den zweiten Platz unter den ProAms, musste aber die Konsequenzen für die Aktion in der Schikane tragen: Zehn Sekunden Zeitstrafe warfen den amtierenden ProAm-Meister nachträglich auf Platz vier zurück. Ein weiterer Rückschlag in der Mission Titelverteidigung. Denn der Sieg ging erneut an #5 Nicolas Misslin (MCO/Lechner Racing Middle East). Es ist bereits sein dritter ProAm-Sieg in Folge und ein klarer Schritt in Richtung Titel. Und das alles trotz einer Nullrunde beim Saisonauftakt in Monaco.
Den zweiten ProAm-Rang im Rennen erbte so #15 Philipp Sager (AUT/Dinamic Motorsport), gefolgt von #23 Aaron Mason (GBR/Pierre Martinet by Alméras), obschon dieser zwischenzeitlich einmal gegen die Fahrtrichtung gestanden hatte. Wenigstens ein Podium für die Teams um Chef Philippe Alméras, die ansonsten kein gutes Wochenende erwischten.